
Um negative automatische Gedanken zu bearbeiten, gibt es in der KVT viele abwechslungsreiche und interessante Techniken.
Dazu gehören Methoden, mit denen Sie diese Gedanken erkennen, ihre Vernunft prüfen oder Ihr Vertrauen in sie verringern können. Die meisten Übungen können Sie allein anwenden, um Ihre psychische Gesundheit zu stärken. In diesem Kapitel stellen wir Ihnen ein sehr wirksames Werkzeug vor: die Technik „Drei Entwicklungsmöglichkeiten“.
Falls Sie schon gelernt haben, jene Gedanken zu identifizieren, die Ihre Gefühle stark beeinflussen, ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass viele davon irrational sind und oft nicht der Wirklichkeit entsprechen. Trotzdem glauben wir ihnen manchmal und wissen nicht, wie wir sie hinterfragen können.
Die Hauptidee dieser Technik ist, das Bewusstsein zu erweitern. Sie zeigt Ihrer Psyche, dass es noch andere Optionen gibt. Gleichzeitig lernen Sie, Ihre negativen Gedanken zu hinterfragen und in Stresssituationen ruhiger zu bleiben.
Wie funktioniert das? Es ist ganz einfach. Wann immer Sie einen neuen automatischen Gedanken bemerken, der Ihre Stimmung trübt, fragen Sie sich: Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es:
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Sie sehen nur einen Teil des Inhalts. In der App finden Sie zahlreiche interaktive Artikel. Außerdem gibt es psychologische Tests zur Verfolgung der Stimmungsdynamik, ein Tagebuch, ein Protokoll für automatische Gedanken und vieles mehr!

Ein wichtiger Punkt: Schreiben Sie all diese Varianten tatsächlich auf, statt sie nur im Kopf durchzuspielen. Egal ob in einer Handy-App oder auf Papier – das Aufschreiben hilft Ihnen, die Gedanken klarer zu sehen.
Theoretisch klingt das einfach. Schauen wir uns deshalb ein Beispiel an.
Angenommen, Sie haben morgen eine wichtige Prüfung (in der Schule oder bei der Arbeit) und denken: „Ich werde durchfallen.“
Sie wissen nicht sicher, ob das wirklich passiert, aber dieser Gedanke verursacht spürbares Unbehagen. Darum geben wir Ihrem Verstand alternative Möglichkeiten.
Das schlimmste Szenario: Ich bereite mich schlecht vor, bin extrem nervös und falle durch. Noch schlimmer: Ich bin der oder die Einzige, die nicht besteht. Der Lehrer/die Lehrerin ändert seine/ihre Meinung über mich, und meine Mitschüler halten mich für faul und dumm.
Das beste Szenario: Ich bleibe locker und gehe gut gelaunt zur Prüfung. Ich bekomme den einfachsten Prüfungsstoff und bestehe mit Bestnote. Oder sogar noch besser: Die ganze Gruppe bekommt ohne Prüfung die beste Note.
Das realistischste Szenario: Ich kann nicht sicher wissen, was für ein Prüfungsstoff drankommt, aber ich kann mich noch ein wenig vorbereiten, damit ich morgen weniger Angst habe. Ein gewisses Maß an Nervosität ist normal. Insgesamt kenne ich den Stoff ziemlich gut, also kann ich die meisten Fragen beantworten. Auch hat die Lehrkraft eigentlich nichts gegen mich, es gibt also keinen Grund, mich absichtlich durchfallen zu lassen. Schwierige Themen kann ich morgen früh noch einmal wiederholen und mich sicherer fühlen. Wahrscheinlich bestehe ich zumindest „ausreichend“, und wenn alles gut läuft oder mir passende Fragen gestellt werden, vielleicht sogar „gut“ oder „sehr gut“.

Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum können wir unsere Reaktion wählen. In unserer Reaktion liegen unsere Freiheit und unser Wachstum.
Viktor Frankl
Sie sehen, eine solch vielseitige Betrachtung zeigt mindestens drei Ausgänge – in Wirklichkeit können es noch mehr sein.
Erstellen Sie außerdem einen Notfallplan für das schlimmste Szenario.
So können Sie die Intensität Ihrer negativen Gefühle deutlich senken, weil Sie selbst im schlimmsten Fall wissen, was zu tun ist.
Zum Beispiel: Wenn ich die Prüfung morgen tatsächlich nicht bestehe, kann ich sie später nachholen. Das ist zwar unangenehm und kostet mich ein bis zwei zusätzliche Lerntage, aber es gibt diese Chance.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass der Lehrer oder die Mitschüler mich wegen einer einzigen nicht bestandenen Prüfung dauerhaft anders beurteilen. Aber selbst wenn das geschähe, wäre das ein Hinweis darauf, was ihnen meine Leistung wert ist.
Mit dieser Herangehensweise scheint alles schon weniger bedrohlich, und die vorher so beängstigende Idee wirkt nicht mehr völlig realitätsfern.
Vielleicht finden Sie das Ganze zu simpel oder zu aufwendig, weil man dafür Zeit braucht, um es wirklich aufzuschreiben.
Doch diese Technik ist ein starkes Mittel zur Selbsthilfe – deshalb möchten wir sie Ihnen hier vorstellen!